Die sogen. "Wappenreiter-Ausgabe", Mi.-Nr. 141-150

Nachdem die Litauer am 15. Januar 1923 Memel besetzt hatten, entschied die alliierte Botschafterkonferenz nun Mitte Februar 1923, dass das Memelgebiet an Litauen fallen soll. Mit dieser Legitimierung entschlossen sich die zuständigen litauischen Regierungsbehörden für das Memelgebiet eigene Marken herauszugeben. Noch immer sollte die Mark das Zahlungsmittel sein (ab 28. Februar 1923 Mark und Litas nebeneinander!) und die Posttarife des Deutschen Reich gültig bleiben. Der Auftrag ging wieder an die litauische Staatsdruckerei in Kowno. Hier hatte man ja schon die litauischen Dienstmarken (Tarnybinis) überdruckt und so die vorläufigen Ausgaben hergestellt. Man machte sich keine großen Gedanken um die Markengestaltung. Es wurden einfach die Tarnybinis (Dienstmarken) als Vorlage genommen und die sich dort in den sichelförmigen Schilden befindende Bezeichnung

"Pasto Zenklas" durch "Klaipeda" sowie das "Tarnybinis" durch "Memel" ersetzt.

Zudem wurde im Währungsschild auf Markiu bzw. Markes umgestellt. Der im Markenzentrum zu sehende Reiter mit seinem Wappen auf dem Schild war namensgebend für diese Ausgabe (Wappenreiter). Nun konnte man nicht mehr von "vorläufigen" Ausgaben sprechen. Wie schon bei den Tarnybinis (Dienstmarken)-Urausgaben setzte sich auch hier ein Druckbogen aus vier Schalterbogen a 100 Marken (10 x 10) zusammen. Ein Schalterbogen ist wiederum aus Umdruckblöcken von 2 x 5 Markenbildern zusammengesetzt. Diese 10 Umdruckfelder (mit ihren individuellen Feldfehlern) wiederholen sich also bei allen vier Schalterbogen. Beim Duplizieren zu dem Schalterbogen und dann zu den Druckbogen, sind weitere kleine Abweichungen entstanden, die eine Feldbestimmung erleichtern.

Bei einem Druckvorgang (Steindruck) entstanden also vier Schalterbogen, die wie folgt angeordnet waren:

I II
III IV

Zwischen den Bogen I und II , sowie den darunterliegenden Bogen III und IV befindet sich ein Steg von 12,6 mm Breite.

Somit kann es von allen Werten dieser Ausgabe senkrechte Paare mit Mittelsteg geben, die mir aber noch nicht vorgelegen haben. Diese sind, wenn überhaupt vorhanden, sehr selten! Häufiger sind waagerechte Paare mit Mittelsteg, wenngleich diese auch relativ selten sind! Der Gummi hat eine leichte horizontale Riffelung, die Zähnung ist zum Teil sehr schlecht ausgeführt. - Hier muss man also teilweise Zugeständnisse bei der Zähnungsqualität machen!

Die Ausgabe erfolgte am 28. Februar 1923. Eine Ausnahme machten die Werte zu 300 (Mi.-Nr.147) und 500 Mark (Mi.-Nr.149). Sie kamen erst am 12. April 1923 heraus und sollen nicht regulär am Postschalter zu haben gewesen sein. Dementsprechend selten sind echt gebrauchte Stücke dieser beiden Marken. Sie waren bis zum 9. Juni 1923 gültig.

Mi.-Nr. 141

10 MARKIU hellbraun

Auflage: 603.500 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 6 weißer Fleck rechts über der Spirale Bogen II Feld 49 "1" statt "I" in MARKIU (Mi.-Nr. 141 I) Bogen III Feld 59 vertikaler Spieß durch "0" der re. Wertziffer Bogen IV Feld 17 Wischer zwischen rechtem Wimpel und Spirale Bogen IV Feld 50 Rahmenecke rechts oben offen

Mi.-Nr. 142

20 MARKIU dunkelrötlichgelb

Auflage: 335.300 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 95 Rahmenlinie unter "E" von KLAIPEDA gefranst und Rahmenlinie vom Innenkreis unter "PE" durchbrochen Bogen II Feld 55 rechte Rahmenlinie in unterer Ecke abgeschliffen und zweimal gekerbt Bogen IV Feld 15 unterer Rechtsrand durchbrochen und darüber gekerbt Bogen IV Feld 18 Wischer über linker Sichel bis zur Ecke Bogen IV Feld 48 Wischer über "0" der linken 20

Mi.-Nr. 143

25 MARKES lebhaft rötlichorange

Auflage: 245.800 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 31 Wischer durch rechte "5" der Wertziffer Bogen I Feld 49 zweites "A" in KLAIPEDA rechts unten verkürzt und weißer Bruch im Rand unter rechter Wertziffer. (Mi.-Nr. 143 I) Bogen II Feld 7 "5" in linker Wertziffer beschädigt und Rahmenlinie hierüber durchbrochen (Mi.-Nr. 143 II) Bogen II Feld 43 rechte untere Schnecke fehlt und Markenrand durchbrochen Bogen III Feld 45 rechte Rahmenlinie neben Wertziffer nach oberer Ecke abgeflacht und Ecke ausgebrochen Bogen IV Feld 3 Wischer im unteren linken Markenteil auf Langblatt Bogen IV Feld 57 Wischer zwischen "l" in Memel zum Langblatt

Mi.-Nr. 144

40 MARKIU lebhaft grauviolett

Auflage: 26 I .300 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 38 weiß. Ansatz im Winkel rechts im "K" von MARKIU Bogen I Feld 98 "R + K" in MARKIU durch weißen Punkt verbunden (Mi.-Nr. 144 I) Bogen II Feld 25 Oberrandlinie über rechter Wertziffer verdünnt Bogen II Feld 28 Farbfleck (Keil) im Außenrand neben rechter Ecke Bogen III Feld 58 "D" in KLAIPEDA rechts im Bogen offen, dazu Blaupunkt über linker Spirale (Mi.-Nr. 144 II)

Mi.-Nr. 145

50 MARKIU gelbgrün

Auflage: 84.200 (ohne Centprovisorien)

Von diesem Wert existieren senkrechte Paare, Mitte ungezähnt.

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 9l "I" in KLAIPEDA in Mitte ausgebrochen und Kreisbogen unter "M" in Memel offen (Mi.-Nr. 145 II) Bogen II Feld 90 "P" in KLAIPEDA am oberen und unteren Bogenrand mit dickem Farbstrich wie "R" (Mi.-Nr. l45 I) Bogen III Feld 37 "K" in KLAIPEDA oben "R" - ähnlich mit Farbpunktoben rechts (Mi.-Nr.145 III) Bogen III Feld 78 rechtes Wertschild und "5" mit Farbklecks (Mi.-Nr. 145 IV) Bogen IV Feld 91 linker Fuß vom zweiten "A" in KLAIPEDA unten durchbrochen Bogen IV Feld 92 Bindestrich zwischen "A + I" in KLAIPEDA

Mi.-Nr. 146

100 MARKIU dunkelrosa

Auflage: 298.200 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor: Bogen I Feld 8 2. "A" in KLAIPEDA unten rechts durchbrochen Bogen I Feld 94 "I" in KLAIPEDA wie "I" (Mi.-Nr. 146 I) Bogen II Feld 85 erste "0" in 100 mit weißem Strich Bogen III Feld 78 weißer Wischer in der rechten "0" in 100 und Farbpunkt links im Wimpel Bogen IV Feld 48 Wischer über linkem Wimpel und rechtem Blatt

Mi.-Nr. 147

300 MARKIU oliv

Auflage: 69.000 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 38 "K" in KLAIPEDA links gebrochen Bogen II Feld 2 weißer Haken an der "3" von 300 oben rechts Bogen III Feld l5 rechte Ecke im Unterrand abgeschliffen Bogen III Feld 80 "K" in KLAIPEDA im rechten oberen Strich durchbrochen Bogen IV Feld l0 rechte obere Ecke stark abgeschliffen

Mi.-Nr. 148

400 MARKIU dunkelolivbraun

Auflage: 125.000 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 77 "U" in MARKIU oben weiß geschlossen Bogen II Feld 49 in Oberrandlinie große weiße Schrägkerbe über "00" von 400, 6,5 mm von rechts Bogen III Feld 41 weiße Zacke über "MA" in MARKIU Bogen IV Feld 7 weißer Wischer über linker Spirale

Mi.-Nr. 149

500 MARKIU graulila. braunpurpur

Auflage: 67.000 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 70 "I" in KLAIPEDA : Spiegelbild einer "1 " (Mi.-Nr. 149 I) Bogen II Feld 67 "U" in MARKIU unten mit weißem Fleck Bogen III Feld 37 weißer Fleck über "R" in MARKIU (Mi.-Nr. l49 II) Bogen III Feld 58 "L" in KLAIPEDA ohne horizontalen Strich (Mi.-Nr. 149 I) Bogen III Feld 97 "5" in Wertziffer mit sehr dünnem Hals

Mi.-Nr. 150

1000 MARKIU grünlichblau

Auflage: 129.000 (ohne Centprovisorien)

Folgende markante Feldfehler liegen vor:

Bogen I Feld 32 weißer Wischer über linkem Halbrund links vom "K" in KLAIPEDA Bogen I Feld 77 "L" in KLAIPEDA fast ganz fehlend (Mi.-Nr. 150 II) Bogen I Feld 89 großer weißer Fleck im Halbrund rechts neben der Wertziffer über zweitem "A" von KLAIPEDA (Mi.-Nr. 150 III) Bogen II Feld 35 mittlere "0" der Wertziffer 1000 unten offen (durch blauen Farbfleck) Bogen II Feld 88 großer weißer Wischer über Ornament links von MARKIU Bogen III Feld 100 "1" in 1000 hat am Fuß weißen Ansatz Bogen IV Feld 23 "IU" in MARKIU wie "W" (Mi.-Nr. 150 I)

Vorstehend wurden nur die markanten Feldfehler beschrieben. Es gibt bei fast jeder Marke individuelle Feldfehler. Da die Wappenreiter-Ausgabe dann später für weitere Ausgaben überdruck wurde, spielen die Feldfehler eine große Rolle zur Feldbestimmung. Für den interessierten Memelsammler empfehle ich das im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Ostgebiete e.V. von Dr. Hans-Dieter Lutz herausgegebene Werk "Memel - Wappenreiterausgabe (Mi.-Nr. 141-150)" - siehe Literaturverzeichnis.